Versteckte Armut in der Schweiz
Die Regisseurin Jasmin Gordon wird für ein Filmgespräch anwesend sein.
Wir gratulieren Jasmin Gordon zum Berner Filmpreises 2025. Die öffentliche Preisverleihung findet am Montag, 17. November, im Theater Nebia in Biel statt. Und wir gratulieren Ophélia Kolb zum Zürcher Filmpreis für ihre herausragenden darstellerische Leistung in "Les Courageux".

Ein bewegender Film über versteckte Armut in der wohlhabenden Schweiz, die oft erst beim genaueren Hinsehen sichtbar wird.
Jule (Ophélia Kolb), die alleinerziehende Mutter im Kanton Wallis kämpft verzweifelt um ihre finanzielle Existenz und versucht, ihren drei Kindern vorzugaukeln, dass alles in Ordnung ist. Trotz finanzieller Sorgen zieht sie ihre drei Kinder alleine in einer kleinen Stadt mitten in der idyllischen, aber gnadenlosen Schweizer Natur gross. Das Leben hat ihr schon viele Steine in den Weg gelegt, für ihre Kinder ist sie allerdings bereit, alles zu tun. Doch ihre Vergangenheit birgt Geheimnisse und ihre oft fragwürdigen Entscheidungen drohen, das fragile Gleichgewicht, das sie mühsam hält, zum Einsturz zu bringen. Zermürbt von einer Gesellschaft, die Menschen wie ihr nicht verzeiht, setzt sie alles daran, ihren Kindern und sich selbst zu beweisen, dass sie trotzdem ein guter Mensch ist.
Für «Les Courageux» hat Jasmin Gordon das Drehbuch von Julien Bouissoux verfilmt. Seine Geschichte zeichnet ein ehrliches, wenn auch manchmal verworrenes Bild der Armut in der Schweiz – ein Thema, das im Kino selten so direkt behandelt wird.
Die Handlung entfaltet sich leise, fast zurückhaltend. Während die Fragen immer mehr werden, bleiben Antworten rar. Wer Jule wirklich ist und warum sie in ständiger Unruhe lebt, bleibt ein Rätsel. Das kann frustrierend sein – oder genau das, was den Film so eindringlich macht. Denn statt einer einfachen Erklärung bietet er Raum für die eigene Interpretation. Das Publikum kann Jules Entscheidungen nicht beeinflussen, nur mitansehen, wie sie Stück für Stück den Halt verliert.
Ophélia Kolb trägt den Film mit einer beeindruckenden Präsenz. Sie verleiht Jule eine rohe, greifbare Mischung aus Stärke und Zerbrechlichkeit. Trotz aller Fehler spürt man in jeder ihrer Handlungen die tiefe, kompromisslose Liebe zu ihren Kindern. An ihrer Seite bringen die jungen Darstellerinnen und Darsteller Jasmine Kalisz Saurer, Paul Besnier und Arthur Devaux eine lebendige, natürliche Energie auf die Leinwand.
Auch die Natur spielt eine wichtige Rolle. Die Kamera von Andi Widmer fängt die Landschaft in atemberaubenden Bildern ein. Für Jule ist die Natur Zuflucht und Bedrohung zugleich, die Berge ein stummer Zeuge ihres Kampfes. Die visuelle Kraft des Films verleiht der Geschichte eine eindringliche Tiefe und zeigt eine Schweiz, wie man sie selten sieht – roh, ungeschönt und fernab der Klischees. Mit «Les Courageux» gelingt Jasmin Gordon ein beeindruckendes Debüt. Ein Film, der nicht alles erklärt, aber viel erzählt – und der zeigt, dass Gordon eine Filmemacherin ist, deren Weg man unbedingt weiterverfolgen sollte.
Jury: "Der erste Langspielfilm der Bieler Autorin und Regisseurin berührt und fesselt. «Les Courageux» ist ein Film, der das Publikum mit seinen schönen Stimmungen packt."
| Drehort CH 2024 Laufzeit 80 Minuten Regie Jasmin Gordon. Produktion maximage, RTS Verleih Outside the box Genre Spielfilm Musik Mirjam Skal Besetzung Ophelia Kolb, Jasmine Kalisz Saurer, Paul Besnier, Arthur Devaux Sprache OV/d Altersempfehlung 12 |
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